Prozesse im Griff – zufriedene Kunden

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Prozess im Griff
Tagsüber Lebensretter – abends Sonnenschirme zuklappen: ein optimierter Prozess

Vorbei sind die Zeiten, da alleine Kennzahlen wie die “First-Call-Resolution” den Takt für die Entwicklung des Kundenservice vorgab. Heute begibt sich der Service-Verantwortliche in die Schuhe des Kunden, um die Kipp-Punkte der Kundenbeziehung mithilfe des Customer-Journey-Mappings empirisch zu ermitteln.

Doch welche Rolle spielen die internen Prozesse dabei und wie lassen sie sich optimieren?

Beispiel Energieversorger

Ein großer deutscher Energieversorger will wissen, woher die negativen Feedback-Reaktionen vieler ihrer Kunden auf den einschlägigen Vergleichsportalen kommen. Unsere Analyse der Prozesse rund um den Anbieterwechsel zeigt schnell mögliche Ursachen auf:

  • Die Hälfte der Kunden bemängelt, dass nicht oder nur mit wochenlanger Verzögerung kommuniziert würde.
  • Eine kleinere Gruppe berichtet, dass der avisierte Wechsel bis zu einem Jahr später durchgeführt würde.
  • Eine weitere Gruppe berichtet, dass sie im Prozess in die Grundversorgung gerutscht seien.

“Ich rufe zweiwöchentlich beim alten Versorger an und werde immer wieder vertröstet. Man verständigt die Fachabteilung und nichts geschieht.”

Die Rolle von Prozessen in der Customer Journey

Aus den obigen Aussagen wird schnell klar, dass der eigentlich Grund für Verärgerung der Kunden oft nicht in langen Warteschleifen oder überforderten Agents, sondern in unsynchronisierten, lang laufenden Prozessen zu suchen ist. Konzentriert man sich nur auf das Optimieren der einzelnen Kontakt-Kanäle, stößt man nicht bis zur Ursache der Kundenbeschwerden vor.

Doch was ist ein Prozess und wie lässt er sich optimieren?

Vom Prozess zum Work-Item

Zerlegt man Prozesse im Kundenservice in einzelne Schritte, lassen sich diese zwei Kategorien zuordnen:

  • automatisierte Prozess-Schritte sind solche, bei denen ein IT-System die Bearbeitung übernimmt. Häufig sind diese Zeitbedingungen unterworfen, z.B:
    • einzuscannende Dokumente werden gesammelt, bis sie eine kritische Anzahl erreicht haben, die dann den Prozess-Schritt durchläuft.
    • ressourcen-intensive Prozesse können nur in einem sogenannten “Nachtlauf” durchgeführt werden, da tagsüber nicht ausreichend Rechenkapazität zur Verfügung steht.
    • bestimmte Transaktionen wie Bank-Überweisungen müssen aus regulatorischen Gründen in einem bestimmten Zeitfenster abgewickelt werden.
  • manuelle Prozess-Schritte erfordern die Bearbeitung durch einen Kundenservice-Mitarbeiter, einen Spezialisten oder einen Supervisor. Beispiele hierfür sind Qualitätskontrollen, Gutschriften, die ab einem bestimmten Betrag nur von hierfür Berechtigten genehmigt werden dürfen oder nicht automatisierbare Prozess-Schritte.

Bei einem manuellen Prozessschritt spricht man auch von einem Work-Item, das analog zu jeder anderen Kundeninteraktion (Anruf, Chat, Video, E-Mail) an die Kundenservice-Mitarbeiter verteilt wird.

Warum es mal wieder länger dauert…

Wir alle kennen aus unserem Arbeitsumfeld die typischen Faktoren, die zu Verzögerungen in Prozessen führen. z.B.:

  • Warten auf Aktivitäten anderer
  • unklare Kompetenzen
  • vergessene Workitems
  • mangelhafte Priorisierung und Zielkonflikte
  • Engpässe
  • Urlaub, Krankheit

Betrachtet man die Customer-Journey aus unserem Energieversorger-Beispiel, ergeben sich wahrscheinlich noch weitere Ursachen wie:

  • Deadlocks bei Prozessketten zwischen Unternehmen
  • IT-Inkompatibilitäten
  • Kundenanliegen, die nicht ganzheitlich betrachtet werden
  • unklare Zuständigkeiten

Aus Kundensicht entscheidend ist nicht unbedingt die absolute Länge eines Prozesses. Exemplarisch sehen wir das am Design moderner Flughäfen, in denen man künstlich die Wege vom Flieger bis zum Gepäckband verlängert hat, um die wahrgenommene Wartezeit auf das Gepäck zu verkürzen. Wir Passagiere empfinden die langen Wege nach dem Sitzen auf beengtem Economy-Gestühl vermutlich sogar angenehm und es lohnt sich kaum noch, die Ablage mit übergroßem Handgepäck zu verstopfen. Übertragen auf das Kundenservice-Szenario heißt das: gib mir als Kunde das Gefühl, dass ich verstehe, warum ein Prozess eine gewisse Zeit benötigt und gibt mir Rückmeldung über den Fortschritt meines Anliegens.

Abhilfe: Fünf Best Practices, um Prozesse zu beschleunigen

Lassen wir Kunden nicht versauern! Am Service zu sparen, zahlt sich nicht aus, wenn in der Öffentlichkeit die Toleranz für Ineffizienzen und Verzögerungen sinkt.

  • Push statt Pull: Work-Items prioritätsgesteuert zu verteilen und die Bearbeitung beim Sachbearbeiter zu überwachen beschleunigt Prozesse, denn sie verhindert, dass unliebsame Arbeit liegen bleibt.
  • Feedback: Den Kunden regelmäßig über den Fortschritt seines Anliegens zu informieren, vermindert die Unsicherheit, ob ein vom ihm angestoßener Prozess “versandet” ist und verringert die Quote unnötiger Nachfragen.
  • Orchestrierung: Negative Kipp-Punkte der Customer Journey entstehen oft durch parallele, unkoordinierte Kommunikation auf mehreren Kanälen. Oft lassen sich diese aber ganz einfach reduzieren, wenn man bewusst die Kipp-Punkte im Bearbeitungs- und Kommunikations-Prozess analysiert.
  • Case-Management statt missverstandener First-Call-Resolution: Ein Case-Manager ist für das Kundenanliegen bis zur vollständigen Lösung verantwortlich. Mehr hierzu in einem Blog-Beitrag meines Kollegen Kai Nörtemann.
  • Monitoring von A-Z: Die Customer-Journey inklusive aller Service-Prozesse von Anfang bis Ende zu überwachen setzt eine Kundenservice-Plattform voraus, die alle Kontakte konsistent routet. Diese Voraussetzung ist nicht immer gegeben. Althergebrachte KPIs wie die oben schon angesprochene FCR werden dem ganzheitlichen Monitoring der Prozesse nicht mehr gerecht.

Prozesse zu verbessern ist der Schlüssel zu positiven Kundenerlebnissen. Die Rückmeldungen Ihrer Kunden zeigen Ihnen, wo Sie ansetzen müssen.

Der Beitrag basiert zum Teil auf meinem Vortrag auf der G-Summit 2015 in Berlin.

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