Servicequalität – alles Banane oder was?

Servicebanane2In Reih’ und Glied liegt eine der beliebtesten Obstsorten Deutschlands in den Supermärkten – von Bio bis Discounter: die Banane. Dass die gelben Früchte aus Südamerika importiert werden, stört dabei kaum jemanden. Schon eher, dass sie dort unreif gepflückt werden müssen und hier im Vergleich zur Vor-Ort-Banane eher fade schmecken.

Im Kundenservice ist das ganz ähnlich. Im Vergleich zu dem, was wir vor Ort oder in der Filiale erleben, kommen uns viele Serviceerlebnisse bestenfalls fade vor. Andererseits hat sich der gute alte Kundenservice seit Aufkommen der sogenannten sozialen Medien enorm weiter entwickelt. Ganze Spezialistenteams sind damit beschäftigt, Serviceerlebnisse zu designen.

Allerdings wird die “Banane” Kundenservice dadurch selten aromatisch. Wie gelingt es Ihnen, Geschmack und Süße zu erhalten?

Servicequalität bleibt in der Diskussion

Das Thema bleibt ein Dauerbrenner, was zum großen Teil an den gegenläufigen Entwicklungen auf Anbieter- und Kundenseite liegt.

  • Die Entscheider werden in erster Linie am finanziellen Erfolgen gemessen, nicht an der erzielten Servicequalität.
  • Der Kundenservice ist meist nicht die Kernkompetenz der Anbieter, sondern ein zusätzlicher Kostenfaktor, der gemanagt werden muss.
  • Bei Callcenter-Dienstleistern oder auch im Online-Versandhandel gehört der Kundenservice zwar zu den Kernkompetenzen, aber es herrscht ein enormer Wettbewerb. Logische Reaktion der Anbieter: sie setzen alles auf die Effizienzkarte. Standardisierung, Automatisierung, Nutzung von Skaleneffekten, das übliche Bullshit-Bingo eben.
  • Auf der Kundenseite sind unterdessen die Ansprüche gewachsen. Ärgere ich mich über den Service, ist ein Anbieterwechsel schnell erledigt.
  • Das Kontaktverhalten der Kunden wird individueller, sowohl in Bezug auf Ort und Zeit der Kontaktaufnahme, als auch was die Inhalte anbelangt. Die Anliegen passen seltener in definierte Geschäftsvorfälle.

Das perfekte Servicedesign ist eine Illusion

Bei ehrlicher Betrachtung müssen wir uns eingestehen: perfekte Serviceerlebnisse lassen sich nicht designen. Sie entstehen im Verlauf der Beziehung von Kunde zum Unternehmen – oder auch nicht. Es spielen zu viele individuelle Faktoren eine Rolle da Menschen eben gerade nicht auf ein Standardverhalten normierbar sind.

Es ist wie beim Betrachten eines Gemäldes: die Schönheit entsteht im Auge des Betrachters und am Ende zählt die Gesamtwahrnehmung.

Also doch die Normbanane!

AllesBananeWenn Servicequalität so schwer zu erreichen ist, dann lassen wir es beim kostengünstigen (Kundenservice-) Massenangebot: Bananen, gelb, Länge und Krümmung innerhalb vorgegebener Toleranzen.

Das kann funktionieren, wenn ein Anbieter seinen Markt dominiert. Das trifft nur auf wenige zu.

Nein, das kann nicht die Lösung sein. Aber was dann?

Für diejenigen, die sich im rauen Wettbewerb behaupten müssen gilt: der Obstkorb muss reichhaltiger bestückt sein und die Mischung macht es aus. Und dafür gibt es durchaus einige Möglichkeiten, die zusammen genommen keine perfekten Serviceerlebnisse garantieren, es aber Interessenten leicht machen, Kunden zu werden und zu bleiben.

Finden Sie heraus, wie Ihre Kunden Ihr Unternehmen erleben (outside-in)

Unternehmen Sie eine Customer-Journey und vollziehen Sie die Erlebnisse Ihrer Kunden an den verschiedenen Touchpoints mit Ihrem Unternehmen nach. Lernen Sie daraus, wo die wesentlichen Gründe für den Abbruch eines Kontakts oder eines Kaufprozesses liegen und beheben SIe die Ursachen. Gestalten Sie die Customer-Journey so, dass ein positiver Gesamteindruck entsteht.

Gestalten Sie Ihre internen Prozesse so, dass Ihre Kunden sie nicht wahrnehmen

Nutzen Sie die technologischen Möglichkeiten zur Gestaltung von effizienten, für den Kunden unsichtbaren Prozessen.

Ich kenne genug Beispiele aus verschiedenen Unternehmen, bei denen Kunden an eine andere Hotline verwiesen werden müssen, obwohl der Mitarbeiter im Kontakt das Anliegen beantworten könnte.

Also muss der Kunde erneut anrufen, wieder warten, ggf. noch mal die IVR bedienen und sein Anliegen wiederholen, damit interne Prozesse sauber abgewickelt werden können. Davon hat der Kunde nur eines: einen guten Grund die Geschäftsbeziehung zu beenden.

Es lohnt sich, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie die Prozesse laufen sollten, damit Kunden mit mehreren Anliegen die Prozessgrenzen unbemerkt überschreiten können.

Bilden Sie Service-Crews und verschaffen Sie Ihren Mitarbeitern Gestaltungsspielraum

In vielen Contactcentern haben die Mitarbeiter zu wenige formale Kompetenzen. Teilweise fehlen IT-Zugriffsrechte, teilweise wird das Vier-Augen-Prinzip restriktiv gelebt oder die Skills sind zu eng zugeschnitten. Es ist für die Mitarbeiter frustrierend, sich nicht so um die Kunden kümmern zu dürfen, wie man es eigentlich könnte und auch gerne tun würde.

In Service-Crews können verschiedene Skills rund um definierte Kundengruppen und deren spezifische Bedürfnisse gruppiert werden, so wie manche Banken Betreuungsteams für Firmenkunden einrichten.

Und last but not least, betreiben Sie ein professionelles Knowledge-Management

Damit ist nicht gemeint, den Ordner mit den Textbausteinen regelmäßig zu aktualisieren. Vielmehr geht es darum, eine Wissensdatenbank aufzubauen, die allen Mitarbeitern eine textbasierte schnelle Suchfunktion zu allen verfügbaren Informationsquellen und Wissensträgern bietet.

Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeiter aktuelle und inhaltlich korrekte Auskünfte geben können, konsistent über alle Kontaktkanäle hinweg.

Fazit

Die Basis für eine überdurchschnittliche Servicequalität bildet die auf der unternehmerischen Gesamtstrategie aufbauende Kundenservice-Strategie. Alles weitere ergibt sich aus dem klassischen Management-Dreieck “Technologie – Organisation – Mensch”, wobei ich die Reihenfolge umdrehen würde: “Mensch (Kunden und Mitarbeiter) – Organisation – Technologie. So gestalten Sie ein Serviceumfeld, in dem Kunden und Agenten (als Vertreter des Unternehmens) für beide Seiten zufriedenstellend interagieren können. Dann klappt’s auch mit der Servicequalität.

All das schließt nicht aus, die Effizienz im Auge zu behalten. Aber es verhindert, dass Effizienzüberlegungen nur dazu genutzt werden, krumme Bananen grade zu biegen.

Über Ihre Kommentare und Anregungen freue ich mich.

– Ein Beitrag der ehemaligen Kollegin Ingrid Steinmel

 

 

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