Auf der KnowTech 2014, einem Kongress für Wissensmanagement, Social Media und Collaboration, haben wir eine Workshop-Umgebung geschaffen, die rund ein Dutzend Besucher in zweieinviertel Stunden mit den Kernkonzepten von Cognitive Computing bekannt gemacht hat.
Unser ambitioniertes Ziel: Cognitive Computing als mächtiges Konzept in der Knowledge-Management-Community zu verankern. Dabei haben wir Fakten-Aufzählungen auf das absolute Minimum reduziert und ins Zentrum gestellt, dass die Teilnehmer selbst konstruieren und kommunizieren.
Wie wir vorgegangen sind und was wir dabei selbst gelernt haben lesen Sie in diesem Artikel.
Überblick
- Das Thema: „Von Big Data zu Big Thinking: Rüttelt IBM Watson an den Säulen unseres bisherigen Verständnisses von Wissensarbeit?“
- Die Herausforderung: Teilnehmer zu befähigen, selbst zu durchdringen, was Cognitive Computing ausmacht. Den Dialog unter den Teilnehmern so effektiv wie möglich anzuregen.
- Die Rolle der Moderatoren: Als gute Katalysatoren für diesen Dialog zu agieren.
- Die Methode: Lego Serious Play (LSP) in vier Kleingruppen. Austausch unter diesen Gruppen wie bei einem World-Café.
Wie wir vorgegangen sind
Da dieser Workshop auf einer Konferenz stattfand, war nicht von Anfang an klar, wie viele Teilnehmer am Ende dabei sein würden. Wir hatten uns also vorbereitet, bis zu 24 Teilnehmer mit einzubeziehen und eine Obergrenze für die Teilnehmeranzahl bekannt gegeben. Unser Ansatz basierte auf vier thematisch verteilten Kleingruppen, daher brauchten wir für jeden Tisch einen Moderator. Ich selbst übernahm die Rolle des Koordinators.
Am Anfang stand das Briefing. Neben kurzen Telefongesprächen gab ich allen Moderations-Leitlinien in die Hand. Diese zeigen auch gut die Richtung, die ich dem Workshop geben wollte:
Je öfter ich moderiere, auch in verschiedenen Räumen und Kontexten, umso mehr wird mir der Einfluss des Raumes und der Anordnung bewusst. In diesem Fall hatten wir gute Voraussetzungen: Der Saal Landgraf im Congress Park Hanau ist großzügig bemessen und wurde vom Organisationsteam nach unseren Vorgaben vollständig eingerichtet, von der Metaplanwand bis zu den Tischdecken (wichtig, wenn man mit Lego arbeitet – wegen der Akustik und weniger rutschigen Grundlage).
Unten sehen sie den Aufbau mit vier Tischgruppen, denen je eine Metaplanwand mit einer Begriffwolke zugeordnet war. In der Mitte zwei von beiden Seiten offene Tischgruppen, auf denen wir das Lego-Material anboten:
Eine Besonderheit dieses Workshops im Vergleich mit der Arbeit bei unseren Kunden war, dass die Teilnehmer hier auf die Schnelle selbst entschieden haben, ob sie teilnehmen wollten, und dass wir nur wenig Einfluss auf die “Besetzung” der Gruppen nehmen konnten.
Zur Einleitung des Workshops haben wir die Teilnehmer begrüßt und den inhaltlichen wie methodischen Rahmen gesetzt. Um einen ersten Impuls zu setzen, zeigten wir das kurze IBM-Watson-Video, das Sie auch unter diesem Artikel verlinkt finden. Es hat sich als schnelle und visuell attraktive Einführung für Cognitive Computing gut bewährt.
Nun reicht es bei großen Themen nicht aus, ein kurzes Video zu zeigen. Daher hatten wir uns im Vorfeld entschlossen, vier Kernaspekte von Cognitive Computing herauszugreifen und zu “Tisch-Themen” zu machen. Diese Themen produzierten wir als deutsche Begriffswolken-Poster aus einer herstellerunabhängigen Cognitive-Computing-Definition (Quellen befinden sich unter diesem Artikel). Mein Kollege Stefan Holtel führte die Gruppe zu den jeweils 100cm breiten Plakaten und gab jeweils eine kurze Erläuterung.
Nach dieser thematischen Einführungsphase ging es zügig mit den Händen ins Material. Nutzt man Lego-Serious-Play-Techniken, so ist es absolut notwendig, diese zunächst einzuüben – kürzt man hier zu radikal, bleiben die Teilnehmer in erwartbaren Widerständen hängen (“das ist Kinderkram“, “ich kann das nicht“, “ich habe nicht verstanden, wie ich baue“, “ich weiß nicht, was für eine Geschichte ich zu meinem Modell erzähle“), anstelle inhaltliche Arbeit leisten zu können.
Nach den ersten Übungsmodellen ging es dann ans Eingemachte: Jeder Teilnehmer baute an seinem Tisch ein Modell davon, wie sich ein Cognitive-Computing-System verhält, das das Tischthema umsetzt (s. o.). Nach der Bauphase stellten alle Teilnehmer ihr Modell der eigenen Gruppe vor.
Um auch an den Erkenntnissen der anderen teilnehmen zu können, wechselten die Teilnehmer zu einer Nebengruppe und lernten die Modelle dort kennen. jeder Moderator blieb an seinerm Tisch und übernahm dort die Rolle des “Gruppen-Gedächtnisses”.
Nach dieser World-Café-Phase fassten die Tisch-Moderatoren nacheinander kurz zusammen, welche Kernthemen sie jeweils an ihrem Tisch gehört und notiert haben. Daraufhin endete der Workshop pünktlich nach 135 Minuten .
Was wir gelernt haben
- Neue, abstrakte und herausfordernde Themen wie die Prinzipien von Cognitive Computing lassen sich mit Gewinn von der metaphorischen Ebene aus angehen. LSP ist eine gute Methode, effektiv und tief einzusteigen, ohne sich in Details zu verlieren.
- Einfache Lego-Serious-Play-Techniken lassen sich auch mit Gewinn einsetzen, wenn verhältnismäßig wenig Zeit zur Verfügung steht. Wenn man jedoch abstimmungsintensivere Kleingruppenprozesse nutzen möchte, braucht man deutlich mehr Zeit, z. B. um eine gemeinsame Modell-Landschaft oder ein integriertes Modell zu erstellen.
- Es hat gut funktioniert, Begriffswolken einzusetzen, um das Thema an den Tischen stets präsent zu halten. Begriffswolken geben eine lose Rahmendefinition, schränken aber den Fokus nicht zu sehr ein.
- In diesem Fall standen maximal vier Modelle auf jedem Thementisch. In der World-Café-Phase, in der sich die Teilnehmer an den anderen Tischen umschauten, war es meist am Tisch-Moderator, den anderen Teilnehmern diese Modelle vorzustellen. Dieser Ansatz skaliert nicht gut, denn der Moderator wird zum Nadelöhr – es wäre für die Moderatoren zum Beispiel schwer geworden, die doppelte Menge von Modellen zu handhaben. Den Tisch-Moderatoren einzelne Gruppenbeauftragte zur Seite zu stellen funktionierte nicht so gut, denn die meisten Teilnehmer wollten lieber an einen anderen Tisch wechseln, als am eigenen Tisch zu bleiben. Außerdem wurden die Modellbauer von ihren Modellen getrennt, die Geschichten zu den Modellen verloren so an Authentizität. Sollten wir diese Methode wieder einsetzen, werde ich versuchen, dass immer eine ganze Gruppe „zu Gast“ bei der anderen ist und dann wechselt. Das braucht dann allerdings auch deutlich mehr Zeit.
- Das Feedback nach der Aktion war gut. Die Teilnehmer sind gut in das Thema eingetaucht und waren mit Lerneifer dabei, auch wenn das Thema sehr herausfordernd war.
Haben Sie in Ihrem Unternehmen auch solche neuartigen Themen, die Sie bisher aber nicht richtig greifen konnten? Möchten Sie mal mit ihren Kollegen gemeinsam durch die Metaphern-Brille schauen, um etwas Konkretes zu erschaffen, an das Sie sich auch nach längerer Zeit noch gemeinsam erinnern können? Schicken Sie mir einfach eine Nachricht unter sven [punkt] koerber [at] brightone [punkt] de, dann loten wir aus, wohin die Reise gehen könnte.
Danke …
… vor allem an die Ko-Moderatoren für ihre Zeit und ihren Einsatz. Hier in alphabetischer Reihenfolge genannt:
- Simon Dückert / Cogneon GmbH
- Oliver Gerstheimer / chilli mind GmbH
- Stefan Holtel / brightONE Consulting GmbH
- Dirk Michelsen / IBM Deutschland
Quellen und weiterführende Links:
- Prägnantes Einführungs-Video zu IBM Watson bei YouTube
- Tiefe Beschreibung von IBM Watson: “The Era of Cognitive Systems: An Inside Look at IBM Watson and How it Works” bei IBM
- Definition von Cognitive Computing bei Synthexis (Englisch, Begriffe für die Word Clouds eingedeutscht von Stefan Holtel).
- Begriffswolken-Generator Tagxedo. Nutze ich gerne, da der Dienst auch in der kostenlosen Version erlaubt, hochauflösende Bilder zu exportieren und sich flexibel konfigurieren lässt.
- Erfahrungsbericht über LSP in diesem Blog: „Effektive Gruppenarbeit mit Lego Serious Play“
- Erfahrungsbericht über LSP als Methode für komplexe Kontexte ebenfalls in diesem Blog: „Wie Lego Serious Play hilft, komplexe Situationen anzugehen“
- Bildnachweis: Fotos aus dem Workshop-Raum bereitgestellt von der Bitkom
– Ein Beitrag des ehemaligen Kollegen Sven Körber
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