Game of Bots #gsummit18

Game of Bots #gsummit18

Über 200 Vertreter der Contactcenter-Branche aus dem deutschsprachigen Raum, tolle Referenten und Künstliche Intelligenz als alles beherrschendes Thema – das war die Genesys-Hausveranstaltung G-Summit 2018 (Twitter-Handle #gsummit18) am 16. Mai in Köln. Erfreulich: Die Veranstaltung hob sich wohltuend vom häufigen “Tschakka – ab morgen ist alles anders” ab, hatte man doch etwa mit Neuro-Scientist Henning Beck einen Referenten geladen, der eine Lanze für das menschliche Hirn im Vergleich zum Kollegen Roboter brach. infinIT.cx und Audiocodes beteiligten sich als Gold-Sponsoren an der Veranstaltung.

Genesys, die nach der Übernahme von Interactive Intelligence fast einsam ihre Kreise im Leader-Quadranten von Gartner ziehen, hat die letzten Jahren mit weiteren Akquisitionen von sich reden gemacht: Speziell der jüngste Erwerb von Altocloud, Cloud-KI Anbieter von Customer-Journey-Monitoring, macht neugierig auf die weiteren Entwicklungen. Deutschland-Chef Heinrich Welter eröffnete den Tag mit seinen privaten “Moments connected”: Er zog die Parallele zwischen der Kommunikation seiner Familie per Whatsapp, Instagram, Snapchat und Co zum Kundenservice per Messaging: es lebe die Kontaktaufnahme in jeder Lebenslage.

Wer gewinnt – Hirn oder KI?

Das fragte Neurowissenschaftler Henning Beck, im Nebenberuf Deutscher Meister im Science Slam, in seinem viel umjubelten Vortrag. Er unterschied vier Stufen des Denkens: Daten – Informationen – Ideen – Wissen. Nur die ersten beiden lassen sich laut Beck als sogenannte “Intelligenz” messen und sind der KI zugänglich. Der Unterschied zwischen Bio- und Silizium-Hirn läge nicht zuletzt in der Fähigkeit des menschlichen Steuermoduls, Fehler zu machen, Denkbrüche zu nutzen und eigene Kreativität zu entwickeln.

Henning Ratjen vom Direktbanker Comdirect sieht im Banking per Alexa und Co einen Weg aus der Beziehungskrise zwischen Kreditinstituten und ihren Kunden. Smarte Finanzbegleiter sieht er im Zeitrahmen 2020-2022 am Bankenhimmel – in den Geschmacksrichtungen FAQ-Bot, Robo-Advisor, Social Trading und Digitalem Assistenten. Überraschend fand ich, wie eine Customer-Journey, die mit dem Einzug der EC-Karte am Automaten beginnt, mit zufriedenen Kunden und neuen Geschäftsabschlüssen enden kann.

e-bot7 ist ein Münchner Start-up, das sich den Bau von Bots auf die Fahne geschrieben hat. Gründer Fabian Beringer unterschied zwischen Bots für Marketing, Kundenservice, News, digitale Assistenten (z. B. im Bereich Gesundheit) und Commerce. Diese bieten ihre Services in den Kanälen Choice (Auswahl zwischen Optionen), Text und Voice (dem gesprochenen Wort) an. Technologisch sind Bots laut Beringer entweder regelbasiert oder selbstlernend. In einem vorgestellten Projektbeispiel erzielte der Bot eine Automatisierungsgrad von 61% der Servicefälle.

Hochvolumige Standardfälle als Ausgangspunkt für Chatbots

infinIT.cx Geschäftsführer Stefan Grünzner zog in der anschließenden Panel-Diskussion ein Fazit der aktuellen Chatbot-Debatte: Weg vom reinen KI-Hype – der rein selbstlernende Bot ist zur Zeit noch eine Illusion. Hochvolumige Standardfälle sind laut Grünzner der ideale Ausgangspunkt für Chatbots mit einer definierten Aufgabenstellung. Die KI müsse überschaubar bleiben, denn – so Grünzner – “wir lassen sie ja auf die Kunden los.

Ganz ohne die exponentielle Woge der Digitalisierung, die über das kleine Dorf der Apotheken, Banken und Taxibetriebe hereinbricht, ging es dann doch nicht: Roland-Berger-Consultant Valerius Braun, der Kunden die Welt im Kapuzenpulli statt im feinen Zwirn erklärt, legte den Schwerpunkt seines Vortrags auf die soziale Innovation: Agile Projekte, Kulturwandel und Blended Learning seien noch wichtiger als die rein technologischen Aspekte der Digitalisierung im Unternehmen. Agilität, Kundenorientierung und der “Faktor X” (Experience) überwinden inkrementelles Denken, mittelfristige Planung und Six Sigma – laut Braun sind das Strategien von gestern. Ein Projektbeispiel “Outbound Lab” zeigte anschaulich das Motto “einfach machen”. Das ist uns seit der CCW 2018 nicht ganz unbekannt 🙂 Mit dem “Spielfeld” gründete Roland Berger einen physikalischen Platz in Berlin, an dem Digitalisierung erlebbar wird.

Genesys Roadmap: Bots and beyond

Bots sind kein Hype mehr, sondern zeigen praktischen Nutzen – in definierten Szenarien. Doch KI hat auch andere Anwendungen, wie Genesys-Presales-Chef Lewe Zipfel in seiner Roadmap zeigte. Mit dem “Predictive Routing” dringt Genesys in ein neues Zeitalter der Verteilung von Interaktionen vor. Die KI sagt voraus, welcher Kundenberater für einen wartenden Kunden den besten Zufriedenheits-Score hinterlässt oder auch den besten Verkaufserfolg erzielen wird. Die Integration von Apple Business Chat für Kunden auf iOS-Endgeräten ermöglicht z. B. Kontakte direkt aus einer Apple Map aufzunehmen, die dann automatisiert im Contactcenter beantwortet werden. Und der wunderbaren Welt der Genesys-Akronyme wurde ein weiteres hinzugefügt: BYOB (bring your own bot).

Hack to the top

Zum Abschluss demonstrierte Show-Hacker Tobias Schrödel, wie man kostenlos bei Zalando einkauft, ein Handy knackt und im Dark-Net-Passwörter einkauft – der einzige Vortrag mit deutlicher “Don’t try this at home”-Warnung. Im Hinblick auf geknackte E-Mails und nahender DSGVO ein mehr als aktuelles Thema!

Im Rückblick war dieser G-Summit eine rundum gelungene Veranstaltung mit erfrischenden Referenten. Nach Schrödels Hacker-Attacke blickte ich mit leichtem Schaudern aufs Smartphone und überlegte, wie viele Sekunden mein Amazon-Password wohl der Brute-Force-Attacke standhalten würde…

Frage: Welche Eindrücke waren für Sie wesentlich, was kam zu kurz?

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