Sisyphos musste auf alle Ewigkeit einen Felsblock einen Berg hinaufwälzen. Er wurde damit laut der griechischen Mythologie für seine Gerissenheit gegenüber den Göttern bestraft. Fast am Gipfel angekommen, rollte der Brocken immer wieder hinunter ins Tal. Kommt Ihnen das bekannt vor?
Eine Omnikanal-Kommunikationsplattform am Leben zu erhalten, kann ebenfalls ein Kraftakt sein: neue Kanäle, mehr Anfragen, weniger Kosten. Das ist bei möglichst steigender Qualität zu bewältigen. Und kaum scheint der Gipfel erklommen, kommt die nächste Herausforderung.
„Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
schreibt Albert Camus über Sisyphos. Ständige Revolte und akzeptieren der Absurdität der Situation ist für Camus die Lösung in dieser ausweglosen Situation – also eine Mischung aus Dalai Lama (Akzeptanz), Milo Barus (Kraft, der ehemals stärkste Mann der Welt) und Che Guevara (Revolte).
Was können wir daraus für die Optimierung von Omnikanal-Kundenservice in dieser schnelllebigen, herausfordernden Zeit ableiten?
Akzeptanz: Der (digitale) Wandel wird bleiben, wir werden niemals fertig werden mit der Optimierung der Kundenerlebnisse
Kraft: Den Kunden jeden Tag aufs Neue nahtlos guten Service über Kontaktkanäle bieten zu können, entgegen aller Widrigkeiten, braucht Kraft: die Kraft des einzelnen Mitarbeiters und die Kraft einer Omnikanal-Infrastruktur, die das stemmen kann.
Revolte: Das heißt, nicht unreflektiert Trends hinterher rennen (und Luftschlösser bauen), stattdessen die Gewissheit haben, das Richtige zu tun. Diese Gewissheit erlangen wir nur durch ständiges Austesten der Möglichkeiten. Das reibt sich oftmals an internen Entscheidungsprozessen und Service-Level-Agreements, die dem Lieferprozess von neuen oder verbesserten Services auferlegt werden. Diese Widrigkeiten gilt es entgegen zu treten. Aus einer Reihe kleiner Revolutionen kann eine große werden. Und: keine Revolution ohne Begeisterung!
Kaskade des Wahnsinns
Doch dann sind da die interne IT-Abteilung, externe Dienstleister und zu viel Arbeit: Anforderungsaufnahme, Lösungsbeschreibung, Angebotsprozess, Beauftragung, Umsetzung, Test und Abnahme – natürlich mit einen geordneten Prozess durch zwei bis fünf aufeinander folgenden Systemumgebungen. Da überlegen Unternehmen gleich mehrfach, was sie in diese Kaskade des Wahnsinns hineinschicken, oder? Immerhin haben laut einer Umfrage 76 Prozent der IT-Abteilungen in der DACH-Region Schwierigkeiten, fachliche Anforderungen schnell genug umzusetzen.
Labor der Revolutionäre
Anstatt den Trichter der Aktivitäten ängstlich eng zu machen, gilt es diesen zu weiten und mehr Hypothesen und Experimente anstatt wenige, ausgewachsene Projekte hinein zu tun. Experimente, die produktiv mit echten Kunden durchgeführt werden, dürfen nicht durch starre Prozesse behindert werden. Denn sie müssten auch genauso geordnet zurückgenommen werden – mitten durch die Release-Prozesse der Plattform. Das ist das Gegenteil von agil und kein bisschen revolutionär.
Die Lösung besteht in einer parallel aufgesetzten, gezielt an die Produktion angekoppelten Laborumgebung. Das, was dort stattfindet, unterliegt eigenen Regeln, die sicherstellen, dass die produktive Kommunikationsplattform in ihrer Stabilität nicht beeinträchtigt wird. Mehrere Experimente werden systematisch und parallel durchgeführt, bewertet und ggf. verworfen. Es sind „Minimal Viable Services“ – die entweder von Kunden angenommen werden und für diese und das Unternehmen einen Nutzen heben, oder nicht. Wenn sie es tun, werden sie in geordnet in die Produktion und deren Abläufe übernommen. Erst dann haben Entscheider Gewissheit.
Epilog
Es ist heute ein ziemlicher Kraftakt, Omnikanal-Kundenservice kontinuierlich weiter zu entwickeln. Die Technologien, der Markt und die Trends verändern sich immer schneller und kollidieren bisweilen mit internen Prozessen. Durch Akzeptanz dieser Begebenheiten, der Kraft der Mitarbeiter und der Infrastruktur und wohlmeinenden kleinen Revolutionen, schaffen es Unternehmen zu bestehen. Sie schieben den „Omnikanal-Brocken“, ähnlich Sisyphos, trotzdem immer wieder den Berg hinauf, um danach mit frischer Energie wieder von vorne anzufangen.
Um den Sinn hinter dem täglichen Tun nicht aus den Augen zu verlieren und den Funken der Begeisterung für gelungenen Kundenservice am Leben zu erhalten, benötigen Unternehmen ein „Labor der Revolutionäre“.
Wir dürfen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.
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