Praxisbeispiel: Entwicklung eines Kundenservicekonzepts

Kundenservicekonzept - In manchen Gegenden sollte man sich nicht verlaufenWie wäre es, wenn der Kundenservice nicht als untergeordnete Kostenstelle betrachtet würde? Wenn der Kundenservice den strategischen Kern des Unternehmens bildete? Und gerade deshalb effizient wirtschaften könnte? Ich höre schon die Bedenkenträger: “Klingt großartig, ist aber nicht umsetzbar, das rechnet sich niemals!”. Wirklich?

Strategische Neuausrichtungen oder Nachjustierungen gehören in vielen großen Unternehmen mittlerweile zum Tagesgeschäft. Oft genug steht “Kundenorientierung” auf dem Umschlag, Profitabilität und zufriedene Anteilseigener sind aber gemeint. Es läuft darauf hinaus, den Kunden den gewohnten Service zu geringeren Kosten anzubieten. Wettbewerb über möglichst niedrige Preise statt intelligentem Kundenservice also.

Das ist natürlich längst nicht in allen Branchen so. Im Versandhandel oder auch bei den Retailbanken ist in den vergangenen Jahren unglaublich viel passiert. Von den Direktbanken und ihren innovativen Servicekonzepten ganz zu schweigen. Der Wettbewerbsdruck macht es möglich.

Ein Praxisbeispiel aus dem brightONE-Consulting

Ja es gibt sie. Banken, die aufgrund eines speziellen Geschäftsmodells dem Wettbewerbsdruck weniger ausgesetzt sind, obwohl sie deutschlandweit Bedeutung haben. In einer solchen Bank sollte die Contactcenter-Plattform erneuert werden. Der Hersteller hatte angekündigt, die Wartung für die bisher verwendete Lösung zu beenden. Unser Auftrag lautete folgerichtig, die technologische Entscheidung mit unserer Expertise vorzubereiten.

Unsere Analyseergebnisse

Während unserer Erhebungen der Anforderungen wurde uns schnell klar, dass ein reiner Ersatz der IT-Plattform im Frontoffice zwar notwendig war, aber im Ergebnis bei “ganz ok” stehen bleiben würde. Der Wow-Effekt würde sich erst durch die Integration des Backoffice in die Lösung ergeben.

Tatsächlich rannten wir mit der Idee offene Türen ein. Der Vorstand beschäftigte sich seit geraumer Zeit mit der Neuausrichtung des gesamten Unternehmens auf die Orientierung an den Kundenbedürfnissen. Dazu liefen im Haus bereits etliche Projekte, die sich mit der Aufbauorganisation, mit Prozessen und der Außendarstellung des Unternehmens befassten. Gründe, die operative Seite der Serviceorganisation in die Entwicklungen einzubinden, gab es genug:

  • Medienbrüche
  • Silo-Organisation mit unklaren Schnittstellen zwischen Front- und Backoffice
  • Fehlende übergreifende Kundenhistorie
  • Fehlendes übergreifendes Wissensmanagement
  • Fehlende Übersicht über die Erreichbarkeit im Backoffice

All das führte zu langen Wartezeiten und sich widersprechenden Auskünften je nach Ansprechpartner. Am Ende des Tages war trotz befriedigender Ertragslage niemand mit dieser Situation glücklich: weder die Führungskräfte noch die Mitarbeiter, von den Kunden ganz zu schweigen.

Und so kam es, dass aus unserer ursprünglichen Aufgabe der Auftrag wurde, ein Kundenservicekonzept zu entwickeln und auf dessen Basis die primären Anforderungen für die IT-Plattform abzuleiten.

Auch ein Weg von 1000 Meilen beginnt mit einem Schritt

Nach Abschluss der Analysen luden wir die Führungskräfte der beteiligten Abteilungen zu Strategieworkshops ein. Den Auftakt bildet eine Impulspräsentation zum “Kundenservice 2.0” aus brightONE-Sicht. Daran anknüpfend galt es, die überwiegend bankfachlich orientierten Führungskräfte mit der generellen Funktionsweise einer Multikanal-Plattform vertraut zu machen. Erst dann konnten die Folgen und Veränderungen der Umsetzung diskutiert und Beschlüsse gefasst werden. Den Abschluss bildeten “Interviews in der Zukunft”. Anhand des fiktiven Gewinns des Gartner Service Awards im Jahr 2020 wurden die Teilnehmer in die Zeit nach dem überaus erfolgreichen Abschluss der anstehenden Veränderungsphase im Unternehmen geführt. In einem “Interview” gaben sie anschließend Auskunft darüber, was die wesentlichen Erfolgsfaktoren gewesen waren. Diese Erfolgsfaktoren können nun in den weiteren Projektphasen genutzt werden und gaben uns wertvolle Hinweise für die Zusammenfassung der Ergebnisse.

Unsere Ergebnisse

Aus den Ergebnissen dieser Workshops und unserer Analysen im Vorfeld entwickelten wir ein Zielbild auf der Grundlage folgender Elemente:

  • Gesamtstrategie des Unternehmens
  • Zielgruppen (Markt vs. intern)
  • Komplexität (Produkte und Abläufe)
  • Servicekonzepte (Kontaktkanäle, Serviceangebot etc.)
  • Bündelung, Skalierung durch möglichst große Arbeitsbereiche
  • Standardisierungsgrad, Potenzial zur Schaffung von Freiräumen
  • Innovationsstufen

Das Zielbild umfasst:

  • Die Vision einer Kundenserviceorganisation, die sowohl auf ein umfassendes Serviceversprechen nach außen als auch auf eine effiziente Abwicklung nach innen ausgerichtet ist,
  • daraus abgeleitete strategische Ziele,
  • eine Roadmap der Innovationsstufen
  • und eine Kostenabschätzung für die technologische Umsetzung der Innovationsstufe 1.

Der Rest des Weges ist noch lang, aber jetzt wissen wir, wo es lang geht

Die technologische Umsetzung der Roadmap ist komplex, jedoch trotzdem eine der einfacheren Übungen. Hierzu gibt es Vorbilder, Erfahrungen und Referenzwerte, anhand derer sich die Anforderungen sauber definieren und die Kosten planen lassen. Schwerwiegender sind die kulturellen Veränderungen. Aus Sachbearbeitern werden Servicemitarbeiter und die persönlichen Spielräume schwinden. Gleichzeitig wachsen Messbarkeit, Transparenz und Sichtbarkeit. Auch für die Führungskräfte wird die Welt eine andere werden: Zusätzlich zur bankfachlichen Expertise gewinnen die für die Kundenkommunikation erforderlichen “Soft Skills” größeres Gewicht. Neben die technologische Umsetzung muss also ein wirkungsvolles Change-Management treten, um nachhaltigen Erfolg zu erzielen.

Der Weg sei das Ziel, heißt es oft. Ich widerspreche entschieden: Es ist einfacher, den Weg zu finden, wenn das Ziel klar ist. In manchen Gegenden sollte man sich nicht verlaufen.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Strategiekonzepten im Kundenservice gemacht? Teilen Sie sie es uns mit!

– Ein Beitrag des ehemaligen Kollegen Sven Körber

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