Wenn Omnichannel nichts taugt, was dann?

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Good Advice - brightONE, Bild: gratisography

In den letzten Wochen gab es hier und hier einiges von Hans-Jürgen Schmolke zu lesen, das Gemüter zu erhitzen vermag. Die heilige Kuh Omnichannel-Kommunikation und die damit werbenden Softwareanbieter werden scheinbar zur Schlachtbank geführt.

Manchmal ist es gut, ein paar Schritte zurück zu treten und neu auf die Dinge zu schauen.

Wenn ich die Herausforderungen der sogenannten Customer-Experience betrachte, gibt es in der Callcenter- bzw. Contactcenter-Branche nur eine Antwort: Omnikanal-Kommunikation, die die organisatorischen Grenzen überwindet und dem Endkunden ein nahtloses Kommunikationserlebnis bietet. Dummerweise kauft ein Kunde in der Regel nicht die Kommunikation sondern Produkte und Services, das heißt, das eigentliche Erlebnis ergibt sich aus der Summe aller drei Komponenten, und Marketing ist ebenfalls Kommunikation.

In logischer Konsequenz kann ein Ansatz, der aus dem Bereich Kommunikation kommt, auch nur einen Teil der Probleme lösen und nicht als Allheilmittel dienen, als das die Omnikanal-Kommunikation innerhalb der Callcenter-Branche angesehen wird. Sie kann bestenfalls das Pflaster auf den Wunden des Kunden sein. Technik alleine war noch nie die Lösung, es braucht Menschen, insbesondere Menschen in Organisationen, die die Technik nutzbringend für das Ganze einzusetzen vermögen.

Was hat es nun mit der vielgepriesenen Kundenorientierung (“Customer Centricity”) auf sich?

Vor ca. 25 Jahren tauchte der Begriff der marktorientierten (“market-led”) Organisation [1. Kohli, A.K. & Jaworski, B.J. (1990). Market Orientation: The Construct, Research Propositions, and Managerial Implications. The Journal of Marketing, 54(2),1-18] auf, den ich für zielführender halte, denn er beinhaltet die Kundenorientierung und setzt sie in den richtigen Kontext:

market-led organisation
The market-led organisation (Source: Jaworsky and Kohli, 1990)

Inter-functional co-ordination concerns the organisation-wide coordination of resources in response to customers. Inter-departmental ‘connectedness’ has a key role to play in the dissemination of and the responsiveness to market intelligence by the organisation (Jaworski and Kohli, 1990).

Damit einher geht ein anderes Verständnis von Marketing als “Going-to-Market”, also gerade kein Marketing nach Marketing-Plan:

‘Marketing’ belongs to marketing specialists but ‘going to market’ is a process owned by everyone in the organisation. N. Piercy (1997) [2. Piercy, N. (1997) Market-led Strategic Change, Oxford, Butterworth-Heinemann]

Service ist das neue Marketing?

Alter Wein in neuen Schläuchen… und auch nur ein Teil von etwas Größerem. Es wird sich seitens der Contactcenter-Verantwortlichen stolz auf die eigene Brust geklopft und letztlich nichts gegen das eigentliche Problem, die Silos, getan.

Erst wenn abteilungsübergreifend kooperiert wird und sich dadurch relevante Produkte für den Zielmarkt entwickeln, die nahtlos mit Service- und Kommunikationsabläufen verzahnt sind und sich darin bewusst von der Konkurrenz unterscheiden – nicht nur im Preis oder deren “Marketing” – dann wird der Erfolg nicht ausbleiben.

Unternehmen dürfen da aber nicht stehen bleiben, sich nicht auf den einmal gewonnen Erkenntnissen und Synergien ausruhen, weil die Welt sich in den letzten 25 Jahren verändert hat, und es weiterhin tut: die Große Transformation 21 ist da, Märkte verändern sich – und das immer schneller.

Produkte, die nicht adaptiv genug sind, drohen ersetzbar zu werden.

Wie die zum Unternehmen und den Produkten passenden, weil differenzierenden und zielführenden Kommunikationsabläufe aussehen, wird sehr individuell sein. Wenn z. B. die wichtigste Schnittstelle der Kunden zu einem Carsharing-Anbieter dessen mobile App ist, sollten sich die Kommunikationsabläufe auch auf diese fokussieren, z. B durch Instant Messaging aus dieser App. E-Mail wird da schnell verzichtbar, Anrufe könnten sich auf Rückrufe beschränken und sind dadurch anders steuerbar. Kundensituationen werden beherrschbarer, oder besser: sie werden z. B. mithilfe von Service Design gestaltet.

Omnikanal-Kommunikation muss das nicht zwangsläufig heißen. Es zählt einfach nur die gelungene Kommunikation als Teil eines gelungenen Produktes.

Und, wie sehen Sie das?

Ich freue mich über Ihre Gedanken dazu… die Sie übrigens auch mit mir und anderen Interessierten während des Roundtables Customer-Experience-Management teilen können – organisiert von der i-Service-Initiative:

  • Datum: 10. März 2016
  • Zeit: 16 – 19 Uhr
  • Ort: München, Details folgen nach der Anmeldung

Foto: gratisography

Fußnoten

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