So wird Kundenservice-IT agil

So wird Kundenservice-IT agil

 

Kundenservice, gut und im großen Stile angeboten, ist komplex. Den Zoo existierender Anwendungen und Systeme in die effizienten Kundenserviceabläufe zu integrieren, gleicht oftmals einer Herkulesaufgabe. brightONE kennt und kann das. Zugleich sehen wir bei den existierenden, über Jahre gewachsenen Kundenserviceplattformen unserer Kunden einen Trend zu immer kleiner werdenden, schnelleren Arbeitspaketen: kontinuierliche Anpassungen an neue Begebenheiten – intern wie extern, also marktseitig – sollen agil und mit begrenztem finanziellen Risiko durchgeführt werden. Angesichts der zunehmenden Wichtigkeit der digitalen Kommunikationskanäle, dem mobilen Web und was-auch-immer danach kommen wird, ist nicht von einer Verlangsamung der Veränderung auszugehen.

Wie gut sind große Unternehmen mit ihren Kundenserviceplattformen darauf vorbereitet? Woraus erwächst die Komplexität und wie kann die notwendige Agilität erreicht werden?

Der Kunde erwartet, mit EINEM Unternehmen kommunizieren zu können. Sein erster Kontaktpunkt ist meistens die Webseite, und diese wiederum wird zunehmend mobil aufgerufen. Je nach Unternehmen gibt es aber weiterhin Filialen oder den klassischen Kundenservice per Anruf, E-Mail oder Brief. In vielen Unternehmen ist aber die digitale Repräsentanz gar nicht oder nur lose mit dem Kundenservice verbunden, die Übergänge sind hakelig: lange Listen von Hotline-Nummern oder der klassische last exit Kontaktformular. Was und wo vorher im Kontext der Webseite passiert ist, geht verloren. Inzwischen pfeifen es die Spatzen von den Dächern: (möglichst) intelligenter Web-Chat sei die Lösung. Diese Meinung teile ich. Nur ist die Technik oftmals die kleinere Hürde verglichen mit den organisatorischen Mauern der Zuständigkeiten. Diese beschränken oftmals den Blick, aber auch die Handlungsmöglichkeiten der verschiedenen Fachabteilungen.

Notwendige unternehmensinterne Kooperation

Die technische Lösung Web-Chat zum Beispiel (Kundenservice LIEBT technische Lösungen für Probleme, natürlich) muss für die Implementierung mit den Zuständigen der Webseite abgestimmt werden. Da kann es schnell hakelig werden. Oder noch mal einen Schritt davor: die Notwendigkeit für einen intelligenten Chats zur Steigerung des Verkaufs einzuführen, wird sehr wahrscheinlich eher von Marketing oder Vertrieb erkannt. Und dann kommt die vorhandene technische Komplexität der bestehenden Kommunikationsplattform ins Spiel. Die einfache Lösung für den Fachbereich KANN dann eine losgelöste Cloud-Lösung sein. Damit gar nicht erst die scheinbar alles immer komplizierenden Kundenservicekollegen gefragt werden müssen, kümmert man sich lieber auch gleich selber um die Ressourcen – und fertig ist die fragmentierte Kundenkommunikation.

Nur wenn die Expertisen der Kollegen aus den angrenzenden Fachbereichen anerkannt werden und GEMEINSAM eine pragmatische, angemessen schnell umgesetzte Lösung erarbeitet wird, kann sich das verbessern. Es müssen interne Synergien gesucht und gefunden werden.

Wie schafft man organisatorische Synergien?

Durch die eingangs umrissene Beschleunigung der Veränderung im Kommunikationsumfeld und dem Druck, zu innovativen Lösungen zu kommen, wird sich ein Modell der permanenten Pilotierung etablieren müssen. Wie in dem vorherigen Artikel von Sven Körber über Innovation in komplexen Bereichen dargestellt, lässt sich disruptive Innovation nicht zielgerichtet planen, sondern nur fördern: durch ein Portfolio gleichzeitiger Experimente (Piloten), die zum Teil sogar naiv oder kontra-intuitiv angelegt sind. Bereits als Erfolg versprechend bekannte Lösungen (best practices der komplizierten Domäne) sind unter den sich ständig ändernden Umständen nicht mehr zwangsläufig die richtigen oder sie differenzieren nicht genug.

Ein mögliches Modell ist es, Experten aus den verschiedenen Bereichen in einer Art Laboratorium zu bündeln und gemeinsam Experimente zu erarbeiten, durchzuführen und zu bewerten. Es braucht dabei den Blick auf das Ganze, damit die möglichen Konsequenzen für ein Zusammenspiel mit der zentral gesteuerten Kundenkommunikation nicht aus dem Blick geraten. Und das trotz kurzer Pilotphasen, die sehr wahrscheinlich mit Cloud-Lösungen umgesetzt werden. Man schickt also viele kleine Schnellboote zur Erkundung aus, von denen dann mindestens eines den rettenden Hafen erreicht – ohne dass der Kontakt zum Mutterschiff abreißt.

Beispiel Skype bei Telefónica o2 Deutschland

Ein Beispiel für ein solches Experiment war die versuchsweise Einführung von Skype bei der Telefónica o2 in Deutschland vor ein paar Jahren. Technologisch schnell umsetzbar, abgekoppelt von existierenden Systemen, ermöglichte es den Kunden und dem Unternehmen, Erfahrungen mit dem neuen Kanal zu machen. Unter Usability-Aspekten war dieses Experiment nicht sonderlich elegant (welcher Kunde ist wirklich bereit lange Konfigurationserklärungen zu lesen und umzusetzen, bevor er endlich in Kommunikation treten kann). Eigentlich sollte Kunden damit das Telefonieren über Skype ermöglicht werden. Allerdings erfreute sich die Chat-Funktion der größeren Beliebtheit. Über mehrere Stufen ist die Telefónica o2 dann bei dem heutigen, integrierten Web-Chat gelandet, der nun skalieren kann (und es auch tut), d. h. zu einem wesentlichen Kommunikationskanal geworden ist. Das Schnellboot ist losgedüst und hat unterwegs den ursprünglich angedachten Kurs korrigiert.

Agilität ist Trumpf

Die Entwicklungsarbeit für solche Piloten ist nur bedingt tauglich für einen Wasserfall-Projektablauf, d. h. erst die Anforderungen aufnehmen, dann detaillierte spezifizieren und schließlich umsetzen. Das ist die gewohnte Methode für große Projekte. In unseren Projekten mit SocialCom, die wir als Entwicklungspartnerschaften verstehen, werden agile Entwicklungsmethoden – wie z. B. SCRUM – angewendet. In zweiwöchigen Zyklen entstehen funktionierende Versionen, die real verwendet und daraufhin bewertet werden können.

So ein Schnellboot kann flexibler auf neue Begebenheiten und Erfahrungen reagieren. In der gewohnten Budget-Denkweise wird allerdings eine an den Funktionalitäten belegbare Lieferleistung erwartet. Im SCRUM-Ansatz gibt es zwar sogenannte Funktionspunkte, die einen gewissen, anzunehmenden Aufwand widerspiegeln, aber durch die Dynamik im Entwicklungsprozess, kann niemand genau vorher sehen, welche Funktionalitäten am Ende wirklich umgesetzt worden sind. Das ist insbesondere für die Einkaufsabteilung schwierig, ein starkes Vertrauensverhältnis zwischen Lieferant und Fachbereich ist unabdingbar. Für eine neue Qualität im Kontext der permanenten Pilotierung sehe ich diese Arbeitsweise (oder auch andere agile Methoden wie Kanban) als absolut notwendig an. Das ist ein Lernprozess, in dem Altbekanntes hinter sich gelassen werden muss.

Der Experimentierraum

Nur ein Laboratorium, das aus Beteiligten der verschiedenen Fachabteilungen und Lieferanten besteht, wird dieses leisten können: direkte, pragmatische und offene Kommunikation, gepaart mit dem Wissen um Markt- und Technologietrends, reale Erfahrungen aus allen Bereichen, eine Portion Pioniergeist und die Freiheit im Denken, zusammen zu fügen, was zusammen gehört.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, um mit der beschleunigten Entwicklung mithalten zu können?

Bildnachweis: Wikimedia

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