Wie man mit weniger Aufwand bessere Servicelevel sicherstellt

Wires (OfDoom@morguefile.com)“Ist doch logisch, dass sich die Skills in einem Contact Center dauernd verändern. Schließlich kommen dauernd neue Auftraggeber, neue Produkte, neue Tarife, neue Kampagnen dazu. Da müssen dann doch zwangsläufig Skillmatrix und Verteilungslogik ständig verändert werden!?”

So oder so ähnlich sind die Aussagen, die wir von unseren Kunden hören, wenn es um die Optimierung der jeweiligen Skill-Landschaft geht. Der eigentliche Schmerz, der zur Beauftragung geführt hat, ist häufig ein anderer: die Servicelevel werden unterschritten, Beschwerden wegen langer Wartezeiten in der Warteschlange häufen sich, und die manuelle Änderung von Agentenskills verursacht hohe Aufwände in der Tagessteuerung.

Beispiel Mobilfunktbranche

Von einem Mobilfunkunternehmen in der Schweiz wurden wir gebeten, die Personaleinsatzplanung zu analysieren, weil die Servicelevel im Telefonservice wie festgeklebt bei inakzeptabel tiefen Werten lagen. Unser erster Eindruck vor Ort war, dass die Einsatzplaner und Supervisoren einen guten Job machten. Auffällig war allerdings, dass unablässig die Skillprofile der Agenten je nach Anrufaufkommen geändert wurden. Viele Gespräche wurden weitergeleitet, weil die Anrufe an der falschen Stelle aufliefen, außerdem schien die Verteilung nach Aussage der externen Administratoren am Ende ihrer Kapazität bezüglich der Aufnahme neuer Logiken angekommen zu sein.

Ein tiefer Blick in die Strukturen

Sobald ein neues Produkt oder ein neuer Tarif hinzukamen, sorgten die Produktmanager dafür, dass vier neue Skills mit den jeweiligen Verteilungslogiken angelegt wurden, weil jeder Service in vier Sprachen geleistet wird. Häufig wurden auch neue 0800-Rufnummern als Hotlines dafür geschaltet. Alte, nicht mehr benötigte Skills und Rufnummern blieben aber in allen Systemen aktiv, niemand kümmerte sich darum, diese und die dazugehörigen Verteilungslogiken auch wieder aus den Systemen zu entfernen. Auf diese Weise waren im Laufe der Zeit mehr als 140 aktive Skills und über 40 Rufnummern aus dem 0800-Nummernkreis zusammengekommen. Dokumentationen gab es keine, der externe Administrator wurde dafür nicht bezahlt und auch die Funktion der 0800-rufnummern war nirgendwo auf einen Blick sichtbar.

Was nun tun?

Die offensichtliche und erste Maßnahme war herauszufinden, wofür die 0800-Rufnummern mal geschaltet worden waren. Nebeneffekt: viele diese Rufnummern konnten abgeschaltet und die Kosten dafür eingespart werden. Komplexer war die Fragestellung, wie dem Wildwuchs bei Skills und Verteilung dauerhaft begegnet werden konnte. Denn auch weiterhin würden diesem wettbewerbsintensiven Umfeld neue Produkte und Dienstleistungen hinzukommen.

Die Lösung

Die Skills werden nicht mehr nach Produkten und Dienstleistungen kategorisiert, sondern nach dem Kundenlebenszyklus.Die wesentlichen Abschnitte im Kundenlebenszyklus sind in diesem Fall

  • Neukunde
  • Bestandskunde
  • Kunden mit auslaufenden bzw. gekündigten Verträgen

Diese Kriterien trafen auf den größten Teil der Produkte und Dienstleistungen zu und bildeten den Kern der neuen Skillmatrix. Zusätzlich wurden Spezialskills für technischen Support, Bonitätsprüfungen und Bestandskunden mit Zahlungsstörungen eingerichtet. Unter Berücksichtigung der erforderlichen vier Servicesprachen gelang es auf diese Weise, über 80 Prozent des Anrufaufkommens auf 24 Skills zu bündeln. Neue Produkte und Dienstleistungen konnten problemlos in die bestehende Skillmatrix integriert werden ohne diese zu ändern. Gleichzeitig wurde ein Mitarbeiter mit der Aufgabe betraut, in Zusammenarbeit mit den Produktmanagern nicht mehr benötigte Rufnummern und Verteilungslogiken laufend zu bereinigen, um die Administration schlank zu halten.

Das Ergebnis

Die Systemlandschaft, sei es Sprachdialogsystem, Interaktionsverteilung oder Personaleinsatzplanung wurde entlastet und die Administration vereinfacht. Aufgrund der entstandenen großen Skillgruppen und der in der Folge “aufgeräumten” Verteilungslogik sank die Zahl der Weiterleitungen. Vor allem aber stimmten die Servicelevel wieder und die Agentenskills wurden in der Tagessteuerung nur noch selten geändert.

Das hört sich einfach an?

Ist es auch, wenn alle anderen Themen nicht mithilfe der Agentenskills erledigt werden.

  • Wissensunterschiede der Agenten über die Skilllevel
  • Prioritätensteuerung, Überlauf- und Eskalationsszenarien über die Verteilungslogik
  • Historische Berichte und Agentenvergütung über andere Messpunkte, z. B. im CRM-System

Allerdings eignet sich der Kundenlebenszyklus nicht für jede Branche als Kriterium für die Strukturierung der Skills. Entscheidend für den effizienten Betrieb ist jedoch, die Skills nach Kriterien zu bilden, die eine hohe Stabilität gewährleisten. Neue Skills sollten nur im Ausnahmefall notwendig werden.

Der Interaktionswelten-Autor Michael Sann hat übrigens an anderer Stelle ebenfalls über “richtiges” Skill-Based-Routing geschrieben.

Frage: Welche Erfahrungen machen  Sie in der Tagessteuerung und zu welchen Lösungen sind Sie gekommen?

– Ein Beitrag der ehemaligen Kollegin Ingrid Steinmel

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